OSTEOSARKOM

Osteosarkome sind seltene Tumorerkrankungen, die sich hauptsächlich in langen Röhrenknochen meist junger Patient:innen zwischen 14- und 19 Jahren bilden. Diese Tumore sind äußerst aggressiv und metastasieren schnell. Eine herkömmliche Behandlung setzt meistens auf Kombinationschemotherapien zur Verkleinerung des Tumors zur operativen Entfernung. Ist die Erkrankung zu weit fortgeschritten, ist eine Amputation der betroffenen Extremität oft nicht zu vermeiden.

Durch die erstmalige Anwendung der Erweiterten Extremitäten Stop-Flow-Infusion konnte am Medias Klinikum das Bein einer Patientin gerettet werden, während sich der Tumor in diesem komplett zurückgebildet hat und sie auch 18 Monate später immer noch krebsfrei ist.




Studie


Vollständige Tumorremission und Rettung der Gliedmaße durch die neuartige EISLI Infusionsmethode (Erweitere Isolierte Extremitäten-Stop-Flow-Infusion) beim hochgradig bösartigen Osteosarkom

Einführung

 

Osteosarkome sind seltene, meist hochgradig bösartige Tumore, die überwiegend zwischen dem 14. und 19. Lebensjahr auftreten. Sie bilden sich vor allem in den als Metaphysen bezeichneten Bezirken langer Röhrenknochen (Oberarm, Oberschenkel, Schienbein) und sind charakterisiert durch rasches Wachstum und die frühe Bildung von Metastasen, insbesondere in der Lunge. Eine frühzeitig angewandte Kombinationschemotherapie soll der Bildung von Fernmetastasen vorbeugen und durch die Schrumpfung des Tumors seine operative Entfernung ermöglichen, möglichst unter Erhalt der betroffenen Extremität. Kann der Tumor aufgrund seiner Lage und Ausdehnung aber nicht rückstandsfrei entfernt werden, ist eine Amputation oft nicht zu vermeiden.

 

Die isolierte Extremitätenperfusion und -infusion sind gut etablierte Methoden mit hoher Wirksamkeit, die vor allem als Standardbehandlungen für Melanome entwickelt wurden. 

 

Die am Medias Klinikum Burghausen entwickelte Stop-Flow-Infusionstechnik ermöglicht eine gesteigerte Wirkstoffaufnahme durch die Erzeugung temporär sehr hoher Wirkstoffkonzentrationen in der Tumorregion. Eine Kombination beider Techniken, im Folgenden als Erweitere Isolierte Extremitäten-Stop-Flow-Infusion (EISLI) bezeichnet, wurde erstmalig in einem klinischen Setting angewandt. In diesem hier vorgestellten Fall einer jungen Patientin mit einem hochgradig bösartigen Osteosarkom am linken Oberschenkel erfolgte eine regionale Chemotherapie und Chemofiltration mit Hilfe der EISLI Technik, es wurde zudem gliedmaßenerhaltend operiert und schließlich eine Kniegelenkprothese implantiert. Dieser Fallbericht wurde gemäß internationalen Leitlinien (SCARE-Kriterien) geplant und verfasst.

 

 



Präsentation des Falles


Präliminäre klinische Daten – Diagnose und Erstlinien-Behandlung

 

Bei der Erstdiagnose zeigte ein MRT eine große tumorverdächtige Raumforderung im linken Oberschenkel und eine nahe sogenannte Satellitenläsion. Eine Biopsie ergab ein hochaggressives Osteosarkom Grad G3, das gemäß dem EURAMOS-Protokoll mit hochdosierten Zytostatika behandelt wurde. Aufgrund schwerer Nebenwirkungen der Behandlung und trotz eines teilweise Ansprechens der Therapie, führten die nicht tolerablen Nebenwirkungen zum Therapieabbruch durch die Patientin. Als sechs Monate später ein deutliches Voranschreiten der Erkrankung diagnostiziert wurde, empfahl eine externe orthopädische Abteilung daher leitliniengerecht die Amputation des Beins als einzig sinnvolle und lebensrettende Behandlungsoption.

 

Methoden - Zweitlinien-Behandlung - regionale Chemotherapie und Operation

 

Die Patientin lehnte dies ab und entschied sich zugunsten einer regionalen hochkonzentrierten Chemotherapie mittels Erweiterter Isolierter Extremitäten-Stop-Flow-Infusion (EISLI) mit Chemofiltration.

Nach vier EISLI-Therapien erfolgte die operative Entfernung des Tumors und die Implantation einer Kniegelenk-Endoprothese in einem externen orthopädischen Zentrum, sowie zwei Monate später eine weitere EISLI-Therapie.

 

Ergebnisse kompakt

 

Alle Zyklen der isolierten Extremitäten-Stop-Flow-Infusion wurden ohne subjektive Nebenwirkungen oder Knochenmarkdepression toleriert, die Wunde in der Leiste heilte komplikationslos.

 

• Bereits nach dem zweiten Therapiezyklus wurde ein Schrumpfen des Tumors, des damit verbundenen Ödems, der Satelliten- und Leistenlymphknoten (Metastasen) festgestellt.

 

• Nach vier EISLI-Therapien war der Tumor weiter geschrumpft und die Lymphknotenmetastasen völlig verschwunden (Abb. 3).

 

• Der diagnostische Befund erlaubte die operative Entfernung des Tumors und die Implantation einer Kniegelenk-Endoprothese.

 

• Histopathologisch wurde die vollständige Entfernung des Tumors inklusive des Satellitentumors und die völlige Abwesenheit maligner Tumorzellen nachgewiesen (histologische Komplettremission ohne Nachweis maligner Resttumorzellen).

 

• Die fünfte und letzte  EISLI-Therapie wurde ohne Nebenwirkungen gut vertragen.

 

• Eine PET-CT-Untersuchung zwei Monate später ergab keine Hinweise auf ein Lokalrezidiv oder auf Lymphknoten- oder Fernmetastasen.

 

• Auch 18 Monate nach der letzten Chemotherapie zeigt sich die Patientin tumorfrei und es gibt keinerlei Anzeichen für Rezidive oder Lungenmetastasen.

 

• Eine Untersuchung während der Therapie bestätigte die sehr hohen Wirkstoff-Spiegel in Tumornähe und die ausgezeichnete Gewebeaufnahme sowie eine sehr geringe Wirkstoffkonzentration im allgemeinen Blutkreislauf.

 

Abb. 3: Verkleinerung des Tumors im Laufe der EISLI-Zyklen




Diskussion


Der grundlegende Zugang in der Behandlung eines Sarkoms besteht aus einer Induktionschemotherapie, gefolgt von der chirurgischen Entfernung des Tumors und einer weiteren Chemotherapie. Um das Ziel zu erreichen den Tumor vollständig zu entfernen und zugleich die betroffene Extremität zu erhalten, muss der Tumor auf die Chemotherapie gut ansprechen. Dies war zwar auch im vorliegenden Fall gegeben, doch führten die unerträglichen Nebenwirkungen der Behandlung zu einem vorzeitigen Therapieabbruch. 

 

Um derartige Nebenwirklungen zu vermeiden und gleichzeitig die Konzentration der offenbar wirksamen Chemotherapeutika zu erhöhen, wandten wir die neuentwickelte Methode EISLI an. Mit dieser Technik wird bei einer geringen Gesamtdosis der Chemotherapeutika eine lokal sehr hohe Konzentration am Tumorgewebe erzeugt, was im vorliegenden Fall zur gewünschten vollständigen Zerstörung des Osteosarkoms und der befallenen Lymphknoten führte. Dies erlaubte anschließend eine umfassende Entfernung des Tumors und die Implantation einer Kniegelenksprothese. Eine Nachuntersuchung nach 18 Monaten wies keine Anzeichen einer Erkrankung bzw. Rückfalls mehr nach.

 

Schlussfolgerung

 

Die EISLI (Erweitere Isolierte Extremitäten-Stop-Flow-Infusion) mit Chemofiltration ist eine wirksame Behandlungstechnik bei bösartigen Tumoren der Extremitäten, selbst wenn bereits Metastasen im Beckenbereich vorhanden sind. Durch Induktion einer schnellen Tumorschrumpfung ohne nennenswerte Nebenwirkungen kann der Tumor vollständig entfernt werden, auch wenn die Amputation als einzige verbleibende Option angesehen wird. Zugleich kann die Lebensqualität des Patienten dank des Gliedmaßenerhalts und der geringen bis kaum vorhandenen Nebenwirkungen durch Chemofiltration, weitgehend erhalten werden.

 

Originalstudie zum Download:

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Aigner et al_Extended Isolated Stopflow
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