BAUCHSPEICHELDRÜSENKREBS

Im Jahr 2016 traten nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Deutschland insgesamt 18.370 Neuerkrankungen eines Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse auf, mit rund 95 Prozent die häufigste Form des Pankreaskarzinoms.

 

Die Erkrankung stellt bei Frauen mit 9.190 Neuerkrankungen die sechsthäufigste und bei Männern mit 9.180 Neuerkrankungen die zehnthäufigste neuauftretende Krebserkrankung dar. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 70-75 Jahren. Personen mit genetischer oder erworbener Belastung können jedoch schon im frühen Erwachsenenalter erkranken. Etwa 70% der Karzinome sind im Pankreaskopf lokalisiert. 

Häufig erst in späten Stadien diagnostiziert, zählt das Pankreaskarzinom mit mittleren 5-Jahres-Überlebensraten von unter fünf Prozent zu den onkologischen Erkrankungen mit der schlechtesten Prognose. 



  • Studie:  Tumorkontrolle bei Patienten mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) nach Regionaler intraarteriellen Infusionschemotherapie und isolierter hypoxischer abdominaler Perfusions-Chemotherapie.


Studie


Tumorkontrolle bei Patienten mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs unter Regionaler intraarterieller Infusionschemotherapie (IA) und isolierter hypoxischer abdominaler Perfusions-Chemotherapie (UAP).

Zusammenfassung

 

Ziel der Beobachtungsstudie war die Untersuchung der Überlebenszeit beim fortgeschrittenen Bauchspeicheldrüsenkrebs unter zwei verschiedenen Behandlungsprotokollen der Regionalen Chemotherapie (RCT) im Vergleich. Erfasst wurden die klinischen Verläufe von insgesamt 454 Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs im Stadium III (174 Patienten) und IV (280 Patienten).

 

Untersucht wurden das Tumoransprechen und die Überlebenszeiten unter beiden Therapieprotokollen. Bei 33 von 36 Patienten mit mittel- oder schwergradigem Aszites (Wasserbauch) kam es unter der Perfusionschemotherapie zur vollständigen Auflösung des Aszites, bei 8,7 Prozent der Patienten zu einem vollständigen und bei 53,6 Prozent zu einem partiellen Ansprechen des Tumors.

 

 

Beide Verfahren waren mit nur geringen Nebenwirkungen und damit höherer Lebensqualität gegenüber der Standardtherapie verbunden. Insgesamt zeigte sich die Perfusionschemotherapie jedoch bezüglich der Überlebenszeiten der intra-arteriellen Infusion überlegen und stellt damit eine vielversprechende Therapieoption beim fortgeschrittenen Bauchspeicheldrüsenkrebs dar.


Einführung

 

Die derzeitige Standardtherapie zur Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs besteht aus einer Kombination aus bestimmten Zytostatika, die als systemische Chemotherapie – häufig mit erheblichen Nebenwirkungen - verabreicht werden. Bisher konnten auch mit modernen immuntherapeutischen Verfahren keine wesentlichen Fortschritte hinsichtlich der Überlebensraten erzielt werden. Als prognostisch ungünstig gilt die Ausprägung eines Aszites (Wasserbauch), gegen den bis heute keine effizienten Therapieverfahren existieren und der in ausgeprägten Stadien eine wesentliche Verschlechterung der Lebensqualität bedeutet. In der vorliegenden Beobachtungsstudie mit 454 Patienten wird der Einfluss zweier Verfahren der Regionalen Chemotherapie (RCT) im Hinblick auf Überlebenszeit, Tumoransprechen und Lebensqualität untersucht.

 

 

Die RCT basiert auf einer nur lokal oder regional begrenzten Anwendung der chemotherapeutischen Medikation. Durch die lokale Anwendung können vielfach höhere Konzentrationen der Chemotherapie direkt im Tumor erreicht werden, als dies bei einer systemischen Chemotherapie möglich ist. Durch eine anschließende Chemofiltration, gelangt die Chemotherapie nicht in den gesamten Kreislauf. Dadurch können systemische Nebenwirkungen deutlich reduziert und die Lebensqualität weitgehend erhalten werden.


Studiendesign und klinisches Setting


Untersucht wurde der klinische Verlauf von 454 Patienten mit inoperablem Bauchspeicheldrüsenkrebs, die zwischen 1987 und 2017 mit einer Regionalen Chemotherapie behandelt wurden. Bei 391 Patienten lag ein Adenokarzinom, bei 7 Patienten ein endokrines Karzinom und bei 56 ein Karzinom mit unklarem histologischem Status vor. 174 Patienten zeigten ein Karzinom des Stadiums III, 280 Patienten ein Karzinom des Stadiums IV.

265 der Patienten hatten keine Vorbehandlung vor Anwendung der RCT, bei 189 Patienten erfolgte im Vorfeld systemische Chemotherapie, Chemoembolisation und/oder Radiotherapie.



Ergebnisse kompakt


Tumoransprache

  • Bei 8,7 Prozent der Patienten konnte ein komplettes Ansprechen des Tumors nach den RECIST-Kriterien (Version 1.1; Diagnostik per CT, MRT und PET) beobachtet werden.
  • Bei 53,6 Prozent der Patienten zeigte sich ein partielles Tumoransprechen auf die Therapie.
  • 13 Prozent der Patienten zeigten eine stabile, unveränderte Erkrankung.
  • 24,6 Prozente der Patienten zeigten einen progressiven Verlauf der Erkrankung.

 

Überlebenszeit & Nebenwirkungen

  • Die mediane Überlebenszeit (Berechnung nach Kaplan-Meier) für Patienten im Stadium III betrug unter der Therapie insgesamt IA alleine 7,6 Monate, unter der Kombination IA/ HAP 12,1 Monate.
  • Unter der Kombinationstherapie überlebten ca. 20 Prozent der Patienten im Stadium III 54 Monate nach Therapiebeginn (siehe Abbildung 2 => Abb. 3 a aus der Publikation)
  • Im Stadium IV lag der Median der Überlebenszeit bei 6,6 (IA) bzw. 8,7 (IA/HAP) Monaten.
  • Die 1-Jahres-Überlebenszeit nach Kombinationstherapie (IA/HAP) im Stadium III betrug 22,8 Prozent unter der Therapie IA sowie 49,4 Prozent für die Kombinationstherapie IA/HAP.
  • Die 3-Jahres-Überlebenszeit im Stadium III lag bei 2,3 Prozent unter IA und bei 21,7 Prozent unter der Kombinationstherapie
  • Die 1-Jahres-Überlebensrate im Stadium IV lag bei 20,3 Prozent der Patienten unter einer IA-Therapie sowie bei 37,0 Prozent der Patienten unter der Kombinationstherapie (IA/HAP).
  • Die 3-Jahres-Überlebensrate lag bei 4,5 Prozent (IA) sowie 7,7 Prozent (IA/HAP) für das klinische Stadium IV
  • Bei 33 von 36 Patienten mit mittel- bis schwergradigem Aszites kam es zur vollständigen Rückbildung.
  • Die Nebenwirkungen beider Therapieformen waren gering und konnten nach WHO-Standards zwischen den Graden I und II klassifiziert werden. Neurotoxizität der Therapien konnte in keinem Fall beobachtet werden.

Schlussfolgerung

 

Die Regionale Chemotherapie stellt eine effektive therapeutische Option für Patienten mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs, bei geringen Nebenwirkungen dar.

 


Originalstudie zum Download:

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Aigner_et_al_Intraarterial_Infusion_Chem
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Fallbeispiel


Patientendaten

Geschlecht: Weiblich, Alter: 61


Verlauf und Therapie

 

Bei einer 61-jährigen Patientin wurde im Oktober 2012 eine gut 3 cm große Krebsgeschwulst am Kopf der Bauchspeicheldrüse festgestellt. Eine Operation wurde extern durchgeführt, wobei der Krebs nicht vollständig entfernt werden konnte. Die Patientin litt seit der Operation unter Durchfällen und weiterhin erhöhten Leberwerten.

 

Die Patienten lehnte eine herkömmliche systemische Chemotherapie ab und stellte sich noch im Monat der Erstdiagnose in der onkologischen Chirurgie des Medias Klinikums vor.

 

Sie erhielt zwei Zyklen regionale Chemotherapie im Abstand von vier Wochen. Dabei wurde die Chemotherapie über einen Katheter direkt in das, den Krebs versorgende, Blutgefäß gespritzt.

Vier Wochen nach dem ersten Zyklus litt die Patientin weiterhin unter Durchfällen und verzeichnete einen Gewichtsverlust von 3 kg. Sie litt unter einer Speiseröhrenentzündung und Magenschleimhautentzündung.

 

Beim zweiten Zyklus wurde, zur Verstärkung der Wirkung, mit Ballonkathetern in den Blutgefäßen kurzzeitig die Region des Krebses isoliert. Die Dosierung war relativ niedrig. Trotzdem wurde eine hohe Konzentration des Wirkstoffes am Krebs erreicht, da nur ein kleineres Körpervolumen, nämlich die Region des Krebses, behandelt wurde. Zur Verminderung von Nebenwirkungen wurde das Blut der Patientin gefiltert. So wurde die Chemotherapie nach der Behandlung aus dem Körperkreislauf entfernt. Dieser Vorgang wird als Chemofiltration bezeichnet.

 

Drei Wochen nach dem zweiten Zyklus hatte die Patienten erhebliche Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, litt weiterhin unter Durchfällen und verlor weitere 6 kg an Gewicht. Bei einer computertomographischen Untersuchung wurden Wassereinlagerungen zwischen Leber und Magen gefunden und eine Zyste im Oberbauch, wodurch der Magen erheblich eingedrückt war. Die Zyste wurde operativ entfernt.

Ergebnis

 

Die Zystenflüssigkeit zeigte bei der pathologischen Untersuchung keinerlei Krebszellen mehr auf. Nach der Operation verbesserte sich deutlich die Nahrungsaufnahme, die Patientin konnte wieder essen. Die Leberwerte pendelten sich auf Normalwerte ein. Die Chemotherapien konnten die, bei der ersten Operation zurückgelassenen, Krebsreste durchweg entfernen. Die zweite Operation entfernte gutartiges Gewebe, welches starke Beschwerden verursachte. Weitere Untersuchungen ergaben keinen Hinweis mehr auf bösartiges Gewebe. Die Patientin ist seit sieben Jahren tumorfrei und ohne Beschwerden.