Bei der der Regionalen Chemotherapie (RCT) handelt es sich um ein innovatives und schonendes Verfahren zur effizienten Tumorkontrolle bei Krebspatient:innen. Ziel des Verfahrens sind die Verlängerung der Lebenszeit sowie die Verbesserung der Lebensqualität von Krebspatient:innen.
Angewendet wird die RCT unter
anderem bei Analkrebs, Kopf-Hals-Tumoren, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Brustkrebs, Eierstockkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Gallengangskrebs, Hautkrebs, Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs, Osteosarkom und dem Pleuramesotheliom.
Durch die hohe lokale Konzentration des Chemotherapeutikums während der Behandlung wird oft eine drastische Reduzierung der Tumorgröße oder komplette Regression, auch von lokalen Metastasen erreicht. Die verbleibende Tumormasse kann dann leichter operativ entfernt werden. Die Regionale Chemotherapie kommt in verschiedenen Modifikationen zum Einsatz.
Die Regionale Chemotherapie kann bei soliden Tumoren angewandt werden. Allerdings sprechen nicht alle Tumorarten gleich gut auf eine lokal hochkonzentrierte Therapie an. Gute Ansprechraten zeigen u.a. Kopf-Hals-Tumore, das Mammakarzinom mit und ohne und Metastasen, das Cholangiozelluläre und Hepatozelluläre Karzinom, das Pleuramesotheliom sowie Karzinome von Pankreas, Blase, Prostata, Ovarien und deren Metastasen.
In der Regel ist etwa die sechsfache Konzentration der Medikation notwendig ist, die mit einer systemischen Chemotherapie erreicht werden kann, um eine nachhaltige Zytotoxizität in soliden Tumoren zu erzielen. Mit den verschiedenen Techniken der Regionalen Chemotherapie können im Tumor drei- bis zehnfach, im Extremfall bis zu achtzigfach höhere Konzentrationen der Zytostatika erreicht werden.
Welche der Techniken zum Einsatz kommt, muss jeweils individuell evaluiert werden. Primäres Ziel der Regionalen Chemotherapie ist die Reduktion der Tumormasse, um eine operative Resektion zu ermöglichen und einen Eingriff so klein wie möglich zu halten. Im Idealfall kann es aber auch ohne Operation durch eine Regionale Chemotherapie zur Remission des Tumors kommen. Zentrales Kriterium für den Therapieerfolg ist eine gute Vaskularisierung (Durchblutung) des Tumors, denn bei schlecht vaskularisierten Tumoren kann auch über eine arterielle Infusion oder isolierte Perfusion (teilweise auch transarterielle Chemoperfusion oder TACP genannt) nur eine geringe zytostatische Wirkung erzielt werden.
Faktoren, die die Vaskularisierung eines Tumors negativ beeinflussen können, sind Narbenbildung durch vorherige chirurgische Eingriffe, vor allem aber die lange zurückliegende Radiotherapie, wie Studien belegen.
Die zwei wesentlichen Vorteile der Regionalen Chemotherapie sind die hohen zytostatischen Konzentrationen, die im Tumorgewebe erzielt werden können sowie die nur geringen systemischen Nebenwirkungen durch die lokale oder regionale Anwendung mit anschließender Chemofiltration der Medikation zur Reduktion der systemischen Toxizität. In 95 Prozent aller Fälle wird die Regionale Chemotherapie (RCT) daher von Patienten gut bis sehr gut vertragen.
Durch die geringen Nebenwirkungen wird die Lebensqualität wenig beeinträchtigt bzw. nach der Behandlung durch eine häufig schnelle Regression des Tumors verbessert. So werden z. B. Übelkeit und Erbrechen nach der Behandlung äußerst selten beobachtet.
Die Regionale Chemotherapie kann – je nach Fragestellung – mit verschiedenen Techniken durchgeführt werden. So kann eine arterielle Infusion mit einem Angiokatheter erfolgen, der unter lokaler Betäubung in die A. femoralis in der Leistenregion eingeführt, bis zum Tumor vorgeschoben und dort platziert wird. Bei einer zweiten Methode wird ein arterieller Portkatheter in das Blutgefäß implantiert, das den Tumor versorgt. Mit dieser Methode kann der Tumor so oft wie nötig arteriell infundiert werden, ohne dass jeweils erneute Eingriffe erfolgen müssen. Die Chemoembolisation stellt ein drittes Verfahren der Regionalen Chemotherapie dar. Sie wird vor allem bei Tumoren und Metastasen der Leber eingesetzt. Dabei werden die Kapillare in der Tumorregion mit Mikropartikeln temporär verschlossen und das Zytostatikum im Tumorbereich gehalten und die Einwirkzeit verlängert. Infolge des geblockten Blutflusses entsteht im Gewebe eine Hypoxie, die bei bestimmten Zytostatika die zytotoxische Wirksamkeit erhöht. Schließlich kann die Regionale Chemotherapie noch als isolierte Perfusion im Rahmen einer Operation chirurgisch durchgeführt werden. Dabei wird ein Organ oder einer Körperregion mit Kathetersystemen vom Blutkreislauf isoliert und anschließend mittels einer externen Pumpe mit einer hohen Zytostatikakonzentration durchströmt. Gleichzeitig oder unmittelbar vorher kann dem Tumor Wärme zugeführt werden (Hyperthermie) und/oder der Sauerstoffgehalt des Blutes nach Gabe des Zytostatikums herabgesetzt werden (Hypoxie). Dies bewirkt bei einigen Zytostatika eine bis zehnfach höhere Wirkung (Toxizität) am Tumor. Die isolierte Perfusion kann an den Extremitäten, am Thorax und Kopf, im Abdomen, im Becken sowie an der Leber durchgeführt werden.
Bei allen Techniken der Regionalen Chemotherapie kann nach Ende der isolierten Perfusion eine Chemofiltration eingesetzt werden, mit der die Zytostatika partiell aus dem Blut gefiltert und so die systemische Toxizität gesenkt bzw. verhindert wird. Durch die Chemofiltration treten unter Regionale Chemotherapie wenig bis kaum Nebenwirkungen auf.
Arterieller Portkatheter
Beispiel isolierte Perfusion
Wir wenden im Rahmen der Regionalen Chemotherapie verschiedene Techniken an.
Sie sind so gestaltet, dass das Ausmaß der operativen Eingriffe so gering wie möglich gehalten wird.
Lokale Chemotherapie mit besonders hoher Zielgenauigkeit
Die intraarterielle Zytostatikainfusion ist ein spezielles Verfahren der lokalen Chemotherapie. Dabei wird ein Krebsmedikament (Zytostatikum) direkt in die Arterie eingebracht, die den Tumor hauptsächlich versorgt. Dadurch erreicht das Medikament den Tumor in deutlich höherer Konzentration als bei einer herkömmlichen systemischen Chemotherapie – während der restliche Körper weniger belastet wird.
Wie funktioniert die Behandlung?
Bei manchen Patientinnen und Patienten kann auch ein kleiner Portkatheter dauerhaft implantiert werden (siehe Punkt 2: Arterielle Infusion über chirurgisch implantierten Portkatheter, um weitere Infusionen ohne erneute Punktion zu ermöglichen.
Wann wird diese Therapie eingesetzt?
Die intraarterielle Zytostatikainfusion kann sinnvoll sein bei:
Ob diese Methode für Sie geeignet ist, wird individuell anhand der Tumorart, Lage und Ihrer allgemeinen Gesundheit entschieden.
Ablauf des Eingriffs
Was können Sie erwarten?
Nach der Behandlung können kurzfristig folgende Beschwerden auftreten:
Die meisten Nebenwirkungen sind deutlich geringer als bei einer klassischen systemischen Chemotherapie, da der Rest des Körpers weniger Wirkstoff aufnimmt.
Das Verfahren kann auch um die Chemofiltraiton, d. h. Blutwäsche, ergänzt oder mit anderen lokoregionalen Verfahren wie der isolierten Perfusion (siehe Punkt 4: Isolierte Perfusion) kombiniert werden.
Regelmäßige Nachuntersuchungen, Blutkontrollen und bildgebende Verfahren gehören zur Therapieplanung und Verlaufskontrolle.
Vorteile:
Nachteil: Patient/in sollte während der Therapie (ca. 3 - 4 Tage) das Bett nicht verlassen
Bei dieser Methode wird im Rahmen einer Operation ein arterieller Portkatheter direkt in das den Tumor versorgende Gefäß implantiert. So ist es möglich, den Tumor so oft wie nötig zu behandeln, ohne dass ein erneuter Eingriff vorgenommen werden muss.
Vorteil: Patient/in ist nachher mobil, da die arterielle Infusion über den jeweils punktierten Port erfolgt.
Nachteil: Operation und entsprechende Risiken.
Intraarterielle Infusion bei Mammakarzinom rechts über einen Jet-Port-Allround-A.-subclavia-Katheter. Das Verfahren erlaubt eine arterielle Therapie mit hoher Zytostatikakonzentration im Bereich der rechten Brustwand, Achselhöhle und Halsseite. Somit sind auch alle Lymphabflussgebiete erfasst.
Die Transarterielle Chemoembolisation (TACE) ist ein minimal-invasives Behandlungsverfahren zur Therapie bestimmter Lebertumoren und Lebermetastasen. Sie verbindet die Wirkung eines lokal verabreichten Chemotherapeutikums mit einer gezielten Unterbrechung der Blutversorgung des Tumors. Dadurch kann das Tumorwachstum deutlich verlangsamt und der Tumor verkleinert werden – bei gleichzeitig geringer Belastung des übrigen Körpers.
Wie funktioniert die TACE?
Lebertumore werden überwiegend über bestimmte Blutgefäße – die sogenannten Leberarterien – versorgt. Bei der TACE wird ein dünner Katheter über die Leistenarterie bis in die tumorversorgenden Gefäße vorgeschoben.
Dort werden zwei Schritte durchgeführt:
Durch diese Kombination wird das gesunde Lebergewebe weitgehend geschont.
Wann wird die TACE eingesetzt?
Die TACE wird vor allem bei folgenden Situationen angewendet:
Ihr behandelndes Ärzteteam entscheidet gemeinsam mit Ihnen, ob die TACE für Ihre persönliche Situation geeignet ist.
Wie läuft der Eingriff ab?
Was können Sie nach der TACE erwarten?
Nach der Behandlung können vorübergehend folgende Beschwerden auftreten:
Diese Symptome sind meist gut behandelbar und klingen schnell ab.
Ihr medizinisches Team begleitet Sie engmaschig – Nachuntersuchungen und bildgebende Kontrollen sind ein wichtiger Bestandteil der Nachsorge.
Vorteile:
Nachteil: bei fraktionierter Anwendung, 3-4 Tage Bettruhe.
Die isolierte Perfusion wird ebenfalls im Rahmen einer Operation chirurgisch durchgeführt. Dabei wird ein Organ oder einer Körperregion mit Kathetersystemen isoliert und diese Region anschließend mittels einer externen Pumpe mit einer hohen Zytostatikakonzentration durchströmt (perfundiert). Gleichzeitig oder unmittelbar vorher kann dem Tumor Wärme zugeführt werden (Hyperthermie) und/oder der Sauerstoffgehalt des Blutes nach Gabe des Zytostatikums herabgesetzt werden (Hypoxie). Dies bewirkt bei einigen Zytostatika eine bis zehnfach höhere Wirkung (Toxizität) am Tumor. Die Dauer des operativen Eingriffes beträgt ca. 1 ½ bis 2 Stunden.
Resultat: Die Geschwulst schrumpft und nekrotisiert schneller.
Vorteil: Größere lokale Wirkung, weitgehende Vermeidung von Nebenwirkungen durch Entgiftung mittels Chemofiltration.
Nachteil: Operation und entsprechende Risiken.
Nachfolgende Organe oder Körperteile können isoliert perfundiert werden:
• Extremitäten (Arm, Bein)
• Brustkorb (Lungen, Thorax und Kopf)
• Abdomen (Bauch)
• Becken
• Leber
Zur Entfernung überschießender Mengen an Chemotherapeutika im systemischen Kreislauf wird immer nach Beendigung der isolierten Perfusionsphase die Chemofiltration eingesetzt - der Patient erfährt wenig Nebenwirkungen.
Beispiel isolierte Abdomenperfusion
Die Indikation zur Anwendung der regionalen Chemotherapie orientiert sich daran, ob die Behandlung Erfolg verspricht oder nicht. Dies hängt von der Empfindlichkeit und der Blutversorgung (Vaskularisation) des Tumors bzw. der Metastasen ab. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch die Vorbehandlung, denn Voroperationen können durch Narbenbildung die Durchblutung des Zielgebietes stören bzw. verändern. Intensive vorangegangene Chemotherapie kann zu einer Resistenzbildung des Tumorgewebes führen. Diese Resistenz kann wiederum durch lokale Erhöhung der Zytostatikakonzentration durchbrochen werden.
Je größer das vom Tumor befallene Körpervolumen ist, umso geringer werden die Erfolgsaussichten, denn die verabreichte Gesamtzytostatikadosis wird immer mehr verdünnt. Wird das Chemotherapeutikum auf größere Areale verteilt, so sinkt demzufolge die am Ort des Befalls wirksame Konzentration. Dies geht einher mit geringerer Wirkung.
Im Spezialisten-Podcast von PRIMO MEDICO klärt Prof. Dr. Karl R. Aigner die wichtigsten Fragen im Rahmen der regionalen Chemotherapie (Transarteriellen Chemoperfusion).