Das Ovarialkarzinom stellt die Hauptursache für Todesfälle aufgrund gynäkologischer Krebserkrankungen dar: Pro Jahr erkranken etwa 9.600 Frauen am Ovarialkarzinom, nur etwas über die Hälfte der Patientinnen überlebt. Folgend stellen wir Ihnen die „Regionale Chemotherapie“ als Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom vor.
Grundlage sind zwei Studien mit jeweils 107 und 45 Patientinnen, die an inoperablen epithelialen Ovarialkarzinomen der Stadien FIGO III und IV erkrankt sind und mit einer isolierten abdominalen arteriellen Perfusions-Chemotherapie unter hypoxischen Bedingungen behandelt wurden. Alle Patientinnen hatten vorher bereits mehrere Zyklen einer platinhaltigen systemischen Chemotherapie durchlaufen und platinresistente Rezidive entwickelt. Die Ergebnisse zeigen, dass dieses Verfahren durch geringere Nebenwirkungen im Vergleich zur Standardtherapie zu höherer Lebensqualität bei gleichzeitig effizienter Tumorkontrolle führt und eine vielversprechende Therapieoption in späten Tumorstadien darstellt.
Ebenso möchten wir Ihnen zwei interessante Kasuistiken zu diesem Thema vorstellen. Daneben finden Sie weitere interessante Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Techniken und Anwendungsgebieten der Regionalen Chemotherapie.
In der vorliegenden Studie wurden insgesamt 107 Patientinnen aufgenommen, darunter 87 Patientinnen mit Rezidiven nach vorangegangenen platinhaltigen Therapien, 46 Fälle im Stadium IIIC und 41 Fälle im Stadium IV. Insgesamt 25 Patientinnen waren chemonaiv, darunter 20 im Stadium IIIC.
Einführung
Dank der klinischen Forschung konnte in den letzten Jahrzehnten das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben deutlich verbessert werden. Dennoch ist das Ovarialkarzinom immer noch die führende Todesursache unter allen gynäkologischen Tumoren. Das Heimtückische an der Erkrankung ist die frühe peritoneale Ausbreitung, die schnelle Entwicklung einer Chemoresistenz und die Umgehung der Immunantwort des Erkrankten. Die empfohlene Therapieoption besteht in der vollständigen chirurgischen Zytoreduktion und einer Chemotherapie mit einer Kombination aus Carboplatin und Taxanen. Obwohl eine Komplettremissionsrate von ca. 80 % erreicht wird, tritt häufig innerhalb von zwei Jahren eine Platinresistenz auf. Je kürzer das rezidivfreie Intervall ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor erneut ansprechen wird.
Eine höhere Einzeldosis oder eine dosisdichte Therapie könnten ein erneutes Ansprechen induzieren, diese Optionen sind aber unverträglich und zu toxisch für die Patientinnen. Auch modifizierte Medikamentenkombinationen oder eine Hochdosis-Chemotherapie brachten keinen nennenswerten Fortschritt. Die hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) war in letzter Zeit im Interessenfokus, insbesondere nach chirurgischer Zytoreduktion. Alternativ können auch neue Arzneimittel oder zielgerichtete Substanzen in Betracht gezogen werden.
Analysiert wurde der klinische Verlauf von 107 Patientinnen mit fortgeschrittenem inoperablem rezidiviertem Ovarialkarzinom nach isolierter abdominaler
Perfusions-Chemotherapie. Die klinischen Endpunkte der Studie waren die Ansprechraten, das Gesamtüberleben und die Lebensqualität. 87 Patientinnen waren zuvor mit platinhaltigen
Kombinations-Chemotherapien, meist Taxanen, behandelt worden und wiesen rezidivierende epitheliale Ovarialkarzinome auf, die gegen platinhaltige Chemotherapiekombinationen resistent waren. 46
Patientinnen waren im FIGO-Stadium IIIC und 41 im Stadium IV. Weitere 20 Patientinnen, hatten leitliniengerechte Therapien abgelehnt und waren alle im Stadium IIIC. Bei 34 Patientinnen lag der
Malignitätsgrad G3 vor. Alle vorbehandelten Patientinnen hatten mindestens eine Zweitlinienchemotherapie vorzuweisen. Bei 7 Patientinnen war bereits die Drittlinien- und bei einer Patientin die
Viertlinientherapie durchgeführt worden. Das mediane platinfreie Intervall lag bei 46 Patientinnen im Stadium IIIC bei 7 Monaten und bei 41 Patientinnen im Stadium IV bei 9 Monaten.
Klinisches Setting der Studie
Der Allgemeinzustand lag meist bei ECOG 2 und 3. Die 20 Patientinnen, die eine vorherige systemische Chemotherapie abgelehnt hatten, erhielten die gleiche isolierte Perfusionstherapie wie die 87 Patientinnen mit rezidivierender Erkrankung. Die Möglichkeit einer Debulking-Operation nach Diagnose der Tumorprogression wurde im Hinblick auf den Allgemeinzustand und die fortgeschrittene Erkrankung in allen Fällen als nicht durchführbar angesehen.
Abbildung 1: Isolierte hypoxische abdominelle Perfusion
Der Eingriff (Abb. 1) wird in Vollnarkose durchgeführt und dauert insgesamt eineinhalb bis zwei Stunden. Die Arteria und Vena femoralis werden mittels einer kleinen Inzision in der Leiste freigelegt und mit Stop-Flow-Ballonkathetern kanüliert. Beide Oberschenkel werden mittels aufblasbaren pneumatischen Manschetten blockiert. Der für die Vene vorgesehene Ballon wird in der Vena cava zwischen der Einmündung der Lebervene und dem rechten Vorhof positioniert, der aortale Ballon kurz oberhalb des Zwerchfells. Nachdem die korrekte Lage der Ballons mit Kontrastmittel überprüft wurde, werden diese wieder entblockt und nach vorübergehender Hyperoxygenierung wird die Zytostatika-Kombination als Bolus in die Aorta injiziert und beide Ballons sofort wieder geblockt. Die Therapie selbst wird für 15 Minuten unter hypoxischen Bedingungen durchgeführt. Mitomycin und Adriamycin zeigen im Gegensatz zu anderen Zytostatika eine gesteigerte zytotoxische Wirkung unter bestehender Hypoxie. Bei der isolierten hypoxischen abdominellen Perfusion lag die durchschnittliche Cisplatin-Dosis bei 60 mg, die maximale sichere intraarterielle Gesamtdosis von Cisplatin betrug 70 mg als Bolusinjektion.
Die maximale Dosis Adriamycin betrug 50 mg und insgesamt 20 mg Mitomycin bei Verabreichung über die Aorta. Diese scheinbar niedrigen Dosen von Cisplatin und Adriamycin entwickeln bei
intraarterieller Anwendung in einem isolierten Kreislauf hohe Wirkstoffkonzentrationen. Unmittelbar am Ende eines Zyklus wurde die Chemofiltration gestartet, um so eine systemische und kumulative
Toxizität zu verhindern.
Ergebnisse
Endpunkte der Studie
Die wichtigsten Endpunkte der Studie waren die Lebensqualität und das Gesamtüberleben, gefolgt von den Ansprechraten. Letztere wurden abgeleitet aus der klinischen Ansprechrate anhand des Tumormarkers CA 125, der computertomographischen Kontrolle und nicht zuletzt der Lebensqualität.
Lebensqualität
Die Lebensqualität wurde insbesondere über den Rückgang oder das vollständige Verschwinden des Aszites und vor allem die deutliche Verbesserung der Schmerzen und des oft beschriebenen allgemeinen Unwohlseins gemessen.
Patientinnen, die eine vorherige systemische Chemotherapie und anschließend eine regionale Chemotherapie hatten, füllten Fragebögen aus, in denen die Intensität der häufigsten Nebenwirkungen nach den jeweiligen Therapien auf einer Skala von eins bis sechs verglichen wurde. Die Patientinnen empfanden die regionale Perfusionstherapie als weniger belastend als die konventionelle Chemotherapie.
Ansprechraten
Ein positiver Einfluss auf die klinischen Ansprechraten wurde bei 69 % aller Patientinnen im Stadium IIIC und IV festgestellt. Die Rate der kompletten Remission betrug 19,6 % im Stadium IIIC und 14,6 % im Stadium IV, eine partielle Remission wurde im Stadium IIIC bei 47,8 % und im Stadium IV bei 56,1 % der Patientinnen beobachtet.
Bei 43 % der Patientinnen wurde nach nur zwei Perfusionen ein vollständiges Verschwinden des Aszites beobachtet, und 19 % der Patientinnen berichteten über eine Verringerung des abdominellen Drucks und Flüssigkeitsvolumens um 50 % oder mehr. 74 %, also 3/4 der Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom berichteten über eine erhebliche Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens mit einer Verringerung der abdominellen Symptome und einer deutlichen Abnahme der Schmerzen. Die Ansprechraten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Überleben
Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) aller 87 Patientinnen lag bei 8 Monaten, das mediane Gesamtüberleben bei 11,9 Monaten (Abb. 2). Die mediane Überlebensrate der vorbehandelten platinrefraktären Patientinnen mit FIGO IIIC betrug 12,8 Monate und im Stadium IV 10,9 Monate (Abb. 3). Im Stadium IIIC liegt das Gesamtüberleben bei vorbehandelten Patientinnen nach einem Jahr bei 54 % gegenüber 70 % bei nicht vorbehandelten Patientinnen, nach zwei Jahren bei 25 % gegenüber 40 %, nach drei Jahren bei 19 % gegenüber 30 % und nach vier Jahren noch bei 13 % gegenüber 25 % (Abb. 4).
Die folgende Tabelle führt die jährlichen Überlebensraten in den ersten 4 Jahren für alle Patientinnen gemeinsam und selektiv für die FIGO-Stadien IIIC und IV auf.
Abbildung 2
Abbildung 3
Abbildung 4
Toxizität
Die Myelosuppression lag zwischen WHO-Grad 1 und 2. Nur Patientinnen mit reduzierter Knochenmarkreserve nach belastender Dritt- und Viertlinientherapie hatten auch nach Perfusionstherapie mit Chemofiltration eine Leukopenie und Thrombozytopenie Grad 3. Es wurden keine Fälle einer Grad4-Toxizität und febrilen Neutropenie sowie Neuropathie im Sinne eines Hand-Fuß-Syndroms beobachtet. Bei schneller Tumornekrose, die in den ersten drei posttherapeutischen Tagen auftreten kann, berichten die Patientinnen über Müdigkeit und Fatigue bei gleichzeitigem Anstieg von LDH und Tumormarker, der innerhalb weniger Tage unter den Ausgangswert fällt.
Toxizitätsprofil nach isolierter hypoxischer abdomineller Perfusion mit Cisplatin, Adriamycin und Mitomycin bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom.
Dieses Syndrom tritt bei 10–15 % der Patientinnen auf, begleitet von Fieber und Abgeschlagenheit. Im Allgemeinen verbessert sich die Leistungsfähigkeit der Patientinnen nach einer Perfusionstherapie mit Chemofiltration von Zyklus zu Zyklus, siehe folgende Tabelle:
Schlussfolgerung
Die intra-arterielle isolierte Perfusions-Chemotherapie unter hypoxischen Bedingungen stellt eine effektive therapeutische Option für bereits mehrfach unter Standardtherapie vorbehandelte
Patientinnen mit fortgeschrittenem inoperablem, rezidiviertem Ovarialkarzinom und Peritonealkarzinose dar. Das Verfahren erzeugt auch bei bereits ausgebildeter Platinresistenz gute Ansprechraten
bei gleichzeitig geringen Nebenwirkungen, die auf die erhöhte Tumortoxizität von Adriamycin und Mitomycin unter hypoxischen Bedingungen zurückgeht. Die Patientinnen haben dank der durchgeführten
Chemofiltration nur wenige oder sehr selten relevante Nebenwirkungen, während ein Rückgang der Tumormarker und belastender Symptome wie Aszites oder allgemeines Unwohlsein sehr häufig beobachtet
werden. Das bemerkenswerteste Merkmal der isolierten Perfusionstherapie ist die hohe Effektivität mit schnellem Einsetzen eines Tumoransprechens bei kaum vorhandenen Nebenwirkungen und
erhaltener, oft verbesserter Lebensqualität, sowie eine tendenziell längere Überlebenszeit als unter der Standardtherapie.
In der vorliegenden Studie wurden 45 Patientinnen mit fortgeschrittenem, inoperablem und platinresistentem Ovarialkarzinom der Stadien FIGO III und IV mit einer isolierten abdominalen Perfusions-Chemotherapie unter hypoxischen Bedingungen als ein Verfahren der Regionalen Chemotherapie (RCT) behandelt. Ziel war es, die vorliegende Platinresistenz durch eine lokale Applikation der Chemotherapie mit hohen Konzentrationen zu durchbrechen. Nach der Perfusion wurde eine Chemofiltration durchgeführt, um die Chemotherapeutika wieder aus dem Blutkreislauf zu entfernen. Als klinische Endpunkte der Studie wurden die Ansprechraten des Tumors auf die Therapie, die Gesamt-Überlebenszeit sowie die Lebensqualität festgelegt. Die mediane Überlebenszeit im Stadium FIGO IIIBC lag bei zwölf Monaten, im Stadium IV bei zehn Monaten. Der Tumormarker CA 12-5 sank vollständig in den Normbereich in 17,8 Prozent und zu mindestens 30 Prozent Verminderung in 55,6 Prozent der Patientinnen. Die Lebensqualität wurde über einen standardisierten Fragebogen erfasst und mit vorangegangenen Befragungen zur Lebensqualität unter vorangegangener Standardtherapie verglichen. Der durch die Peritonealkarzinose bedingte Aszites verschwand in 30 Prozent komplett und konnte bei weiteren 43 Prozent der Patientinnen substantiell reduziert werden. Auch die weiteren Parameter für Lebensqualität unter einer Chemotherapie zeigten deutliche Verbesserungen.
Einführung
Pro Jahr erkranken etwa 9.600 Frauen am Ovarialkarzinom. Die Letalitätsrate der Erkrankung liegt bei ca. 5.500 Patientinnen pro Jahr. Das Ovarialkarzinom stellt damit die Hauptursache für Todesfälle aufgrund gynäkologischer Krebserkrankungen dar. Die Gesamt-Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei 20 bis 30 Prozent. Hauptsächliche Ursache für die hohe Letalität und geringe Überlebensrate ist die meist erst sehr späte Diagnose, denn etwa 70 Prozent der Erkrankungen werden erst im Stadium FIGO III oder IV diagnostiziert. Während die Erkrankung in den frühen Stadien FIGO I und FIGO II gut beherrschbar ist und eine Chance auf vollständige Heilung besteht, ist die Prognose in späteren Stadien schlecht (ca. 23 Prozent mit 5-Jahres-Überleben im Stadium FIGO III und ca. zehn Prozent im Stadium FIGO IV).
Die Erkrankung hat damit die schlechteste Prognose aller gynäkologischen Tumorerkrankungen. Die Standardtherapie sieht in allen Stadien der Erkrankung eine möglichst vollständige operative Entfernung des Tumorgewebes mit anschließender systemischer Chemotherapie mit Carboplatin und/oder Paclitaxel vor. Zusätzlich kann eine Antikörpertherapie erwogen werden. Trotz einer initial guten Ansprechrate von 70 bis 80 Prozent kommt es bei vielen Patientinnen innerhalb von zwei Jahren zum Rezidiv, das häufig eine Resistenz gegen eine weitere platinhaltige Chemotherapie zeigt. Prognostisch sind vor allem das Stadium bei Diagnose, der nach einer Operation verbliebene Tumorrest sowie der Zeitraum bis zum Auftreten eines Rezidivs von Bedeutung. Platinresistente Rezidive innerhalb von sechs Monaten oder weniger haben einen ungünstigen Einfluss auf die Prognose und führen in der Regel zu einer Palliativsituation, da die Resistenz aufgrund der Toxizität einer systemischen Chemotherapie nicht durch weitere Dosissteigerung durchbrochen werden kann.
Analysiert wurde der klinische Verlauf von 45 Patientinnen mit fortgeschrittenem inoperablem rezidiviertem Ovarialkarzinom nach isolierter abdominaler Perfusions-Chemotherapie in vier Zyklen mit 4-wöchigem Abstand. Alle Patientinnen hatten sich vorher zwischen 2006 und 2017 in einer anderen Institution einer Standardtherapie unterzogen. Die klinischen Endpunkte der Studie waren die Ansprechraten, Gesamtüberleben und Lebensqualität.
Alle Patientinnen zeigten Tumorprogression und hatten mindestens zwei platinbasierte systemische Chemotherapien mit Paclitaxel, Caelyx, Treosulfan oder Bevacizumab erhalten. Zwischen der letzten systemischen Chemotherapie und dem Beginn der abdominalen Perfusionstherapie lagen mindestens vier Wochen. 41 Patientinnen zeigten eine Peritonealkarzinose. Bei elf Patientinnen waren zwei Quadranten, bei 30 Patientinnen vier Quadranten betroffen. 17 Patientinnen zeigten zudem Metastasen der Leber, drei Patientinnen Metastasen auf der Milz. Lymphknotenmetastasen konnten in 13 Fällen nachgewiesen werden.
Klinisches Setting der Studie
Abbildung 1: Isolierte abdominale Perfusion
Die isolierte abdominale Perfusion wurde in vier Zyklen mit 4-wöchigem Abstand durchgeführt. Eingesetzt wurden, je nach Körpergewicht, 60 bis 70 mg Cisplatin, 40 bis 50 mg Adriamycin sowie 20 mg Mitomycin. Die Medikation wurde mit einer Bolusinjektion in Höhe des Diaphragmas in die abdominale Aorta appliziert. Der Abfluss in die A. Femoralis wurde beiderseits durch Druckmanschetten verhindert, der venöse Rückfluss durch einen Ballonkatheter in der inferioren Vena Cava (siehe Abb. 1). Die Therapie wurde für 15 Minuten unter hypoxischen Bedingungen durchgeführt, da Mitomycin und Adriamycin unter diesen Bedingungen eine gesteigerte Tumortoxizität zeigen. Unmittelbar am Ende eines Zyklus wurde die Chemofiltration gestartet, um so eine systemische Toxizität zu verhindern. Leukozyten und Thrombozyten wurden regelmäßig kontrolliert. Das Ansprechen des Tumors auf die Therapie wurde gemäß der RECIST-Kriterien evaluiert und mittels Computertomografie, MRT und PET kontrolliert.
Ergebnisse
1. Überleben und Tumoransprechen
2. Arterielle und venöse Konzentration von Cisplatin und Mitomycin
Abbildung 3:
Arterielle und venöse Konzentration von Cisplatin und Mitomycin
Die Messung der Konzentration von Cisplatin und Mitomycin im Perfusionsgebiet (arteriell), im venösen Abfluss und im peripheren venösen System zeigt, dass Tumortoxizität auf den Perfusionsbereich beschränkt bleibt. Durch die Chemofiltration am Ende eines jeden Zyklus ist die Toxizität im Gesamtkreislauf stark reduziert (siehe Abbildung 3).
3. Lebensqualität
Die Lebensqualität unter und nach der arteriellen isolierten Perfusionstherapie wurde mit einem standardisierten Patientenfragebogen erfasst und die Ergebnisse mit Befragungen unter der vorangegangenen systemischen Chemotherapie verglichen. Bewertet wurden die Nebenwirkungen Übelkeit, Haarausfall, Diarrhöe, Mukositis, Müdigkeit und Erschöpfung, Gewichtsverlust sowie Appetitlosigkeit.
Abbildung 4: Lebensqualität
Schlussfolgerung
Die intra-arterielle isolierte Perfusions-Chemotherapie unter hypoxischen Bedingungen stellt eine effektive therapeutische Option für bereits mehrfach unter Standardtherapie vorbehandelte Patientinnen mit fortgeschrittenem inoperablem, rezidiviertem Ovarialkarzinom und Peritonealkarzinose dar. Das Verfahren erzeugt auch bei bereits ausgebildeter Platinresistenz gute Ansprechraten bei gleichzeitig geringen Nebenwirkungen, die auf die erhöhte Tumortoxizität von Adriamycin und Mitomycin unter hypoxischen Bedingungen zurückgeht. Durch die anschließende Chemofiltration wird die systemische Toxizität gering gehalten und die Lebensqualität kann weitgehend erhalten werden. Im Vergleich zu anderen Studien (1) zeigen Patientinnen, die chemotherapeutisch bereits mehrfach vorbehandelt waren, nach isolierter Perfusions-Chemotherapie unter hypoxischen Bedingungen eine tendenziell längere Überlebenszeit und bessere Lebensqualität, als unter der Standardtherapie.
Markman M. Systemic Induction Chemotherapy for Advanced-Stage Epithelial Ovarian Cancer. In: Aigner KR, Stephens FO, editors. Induction Chemotherapy – Systemic and Locoregional. Second Ed. Berlin-Heidelberg: Springer-Verlag; 2016. P. 333-342
Monk BJ, Han E, Joseph-Cowen CA et al. Salvage bevacizumab (rhuMABVEGF)-based therapy after multiple prior cytotoxics regimens in advanced refractory epithelial ovarian cancer. Gynecol Oncol 102: 140-144, 2006
Beim fortgeschrittenen, peritoneal metastasierten Ovarialkarzinom gilt als Standardtherapie die Operation mit möglichst radikaler Zytoreduktion gefolgt von einer Kombinationschemotherapie mit Cis- oder Carboplatin und Taxol. Trotz der hohen Chemosensitivität mit Ansprechraten von 70 bis 80 Prozent, treten bei fast der Hälfte der Patientinnen nach initial gutem Ansprechen innerhalb von zwei Jahren Rezidive auf. Treten diese innerhalb von sechs bis zwölf Monaten auf, so ist die zu erwartende Ansprechrate auf erneute platinhaltige Chemotherapie bei 25 bis 30 Prozent einzustufen.
Die medianen progressionsfreien Überlebenszeiten nach platinhaltigen Induktionschemotherapien liegen, je nach Studienergebnissen, bei ca. 15 bis 20 Monaten, die Gesamtüberlebensraten bei ca. +/- vier Jahren.
Kasuistik 1
Geschlecht: Weiblich
Alter: 59 (heute), 43 bei Erstdiagnose
Diagnose
· Ovarialkarzinomrezidiv rechts, ED 03/2003
· Primärstaging: FIGO IIIC
· Ovarialkarzinomrezidiv, 2005
· Lebermetastasen, 01/2006
· Restaging: FIGO IV (01/2006)
Klinische Beschreibung
Bei der seinerzeit 43-jährigen Patientin wurde im März 2003 ein endometroides Ovarialkarzinom im Stadium FIGO IIIc diagnostiziert. Es wurde eine Hysterektomie und Adnexektomie beidseits, Omentektomie und Lymphdissektion pelvin und paraaortal durchgeführt. Es handelte sich um eine R2-Resektion mit Resttumor diaphragmal rechts. Auf die Operation folgte eine systemische Chemotherapie mit Taxol und Carboplatin in sechs Zyklen. Aufgrund eines Rezidivs wurde im Juni 2005 ein sekundäres Tumordebulking mit Restomentektomie, Splenektomie, partieller Zwerchfellresektion rechts und Pankreasschwanzteilresektion durchgeführt. Histologisch handelte es sich um ein mäßig differenziertes, teils anaplastisches Karzinom, passend zu dem endometroiden Karzinom der Ovarien mit positiven Östrogenrezeptoren und negativen Progesteronrezeptoren. Im Januar 2006 wurden erstmals Lebermetastasen und im März 2006, neun Monate nach dem sekundären Tumordebulking und genau drei Jahre nach der Erstdiagnose, eine erneute peritoneale Metastasierung diagnostiziert.
Regionale Chemotherapie
Am 21.03.2006 führten wir eine isolierte Oberbauchperfusion mit hypoxisch abdomineller Perfusion und gleichzeitiger Chemofiltration durch. Bei diesem Verfahren werden über die Femoralarterie und -vene sogenannte Stop-flow-Ballonkatheter in Zwerchfellhöhe platziert und beide Oberschenkel mit Blutdruckstaumanschetten blockiert. Nach Bolusinjektion der Chemotherapiekombination Cisplatin, Adriamycin und Mitomycin werden Aorta und Vena cava in Zwerchfellhöhe durch die Ballonkatheter geblockt. Über die Perfusionskanäle dieser dreilumigen Katheter werden im vaskulär-isolierten Abdominalraum sehr hohe Zytostatikakonzentrationen erzielt. Die Zytotoxizität von Adriamycin und Mitomycin ist im hypoxischen Bereich, bei reduziertem pH-Wert, verzehnfacht (B. Teicher, Cancer Research, 1981). Bei ausreichender Sauerstoffsättigung initial erfolgt genügend Übertritt der Chemotherapeutika ins Gewebe, sodass nach 15-minütigem isoliertem Kreislauf über das liegende Kathetersystem die Chemofiltration angeschlossen werden kann. Diese reduziert noch bestehende Zytostatikaspiegel im systemischen Kreislauf, sodass schwere systemische Toxizität vermieden wird. Die Patientin hat diese Therapie ohne relevante Nebenwirkungen bei erhaltener Lebensqualität toleriert.
Zwei Monate später wurde eine Chemoembolisation der Leber über einen angiographisch platzierten A. hepatica Katheter mit denselben Substanzen angeschlossen.
Zusammenfassung
Der klinische Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Der Tumormarker CA 12-5 fiel bereits nach dem ersten Zyklus der regionalen Chemotherapie von 244 kU/l auf 9 kU/l vor Beginn des zweiten Zyklus, entsprechend einer kompletten Remission, ab. Nach der Chemoembolisation der Leber wurden auch keine weiteren Therapien durchgeführt. Sämtliche Kontrolluntersuchungen bis dato blieben ohne Hinweis auf ein Rezidiv, weder im Bereich der Leber noch peritoneal.
Die Überlebenszeit bei sehr guter Lebensqualität beträgt seit Therapiebeginn 13 Jahre und 6 Monate, bei anhaltender Rezidivfreiheit seit 13 Jahren und 8 Monaten.
Kasuistik 2
Geschlecht: Weiblich
Alter: 48 bei Erstdiagnose
Diagnose
• Seröses Adeno-Ovarialkarzinom beidseits, G3, ED 12/2013
Staging: pT3a pN1 (80/107) pL1, pV1, FIGO IIIC
• Peritonealmetastasen 02/2014
• Mediastinale und paraaortale Lymphknotenmetastasen 11/2014PET/CT 06/2015: Lungenmetastasen
Klinische Beschreibung
Bei einer 48-jährigen Patientin mit serösem Adeno-Ovarialkarzinom beidseits vom Malignitätsgrad G3, Tumorformel pT3a pN1 (80/107) pL1, pV1, FIGO IIIC, wurde im Januar 2014 eine Hysterektomie, Adnektomie, Lymphdissektion und Omentektomie im Sinne einer Zytoreduktion durchgeführt. Von Februar bis Mai 2014 wurden insgesamt sechs Zyklen Carboplatin/Taxol, ab dem vierten Zyklus zusätzlich mit Avastin, welches bis Februar 2015 weitergegeben wurde, verabreicht. Unter Avastin-Therapie war der Tumormarker CA 12-5 bis Dezember 2014 auf 460 kU/l angestiegen. Auch nach einer ersten isolierten abdominellen Perfusion mit Cisplatin, Doxorubicin und Mitomycin C, kam es zu einem weiteren Tumormarkeranstieg auf 538 kU/l. Nach Umstellung auf Cisplatin und Novantron bei vier weiteren isolierten Perfusionen kam es zwar zu einem stetigen, aber nur zögerlichen Abfall des Markers auf zuletzt 305 kU/l. Bei einem Kontroll-PET/CT im Juni 2015 war im Abdomen kein Tumornachweis, jedoch thorakale Metastasen im Mediastinum. Nach einer darauffolgenden isolierten Thoraxperfusion mit Cisplatin, Taxotere und Novantron und Chemofiltration erfolgte ein rascher Markerabfall auf 130 kU/l im September 2015.
Eine weitere Perfusionstherapie erfolgte nicht aufgrund der Kostenübernahmeablehnung der Krankenkasse und die Patientin wurde in der Folge extern systemisch weitertherapiert. Nach Umstellen der Therapie auf Pembrolizumab war das Tumorgeschehen progredient, ebenso nach Topotecan und zuletzt Carboplatin und Paclitaxel. Die Patientin verstarb im März 2018 aufgrund einer Sepsis.
Zusammenfassung
Insgesamt handelt es sich um einen, trotz des Malignitätsgrades G3, sehr langen Behandlungsverlauf mit relativ gutem Ergebnis unter den regionalen Therapien, mit zwischenzeitlicher Komplettremission im Abdomen, eineinhalb Jahre nach Therapiebeginn und auch sehr gutem Ansprechen nach der ersten isolierten Thoraxperfusion mit starkem Abfall des Tumormarkers CA 12-5.
Das Ovarialkarzinom macht ca. fünf Prozent der Krebserkrankungen aus und steht nach dem Mamma-, dem kolorektalen, dem Lungen- und Endometriumkarzinom damit an fünfter Stelle der onkologischen Erkrankungen bei Frauen. Pro Jahr erkranken etwa 9.600 Frauen an Karzinomen der Ovarien, rund 5.500 Frau sterben jährlich daran. Zwar ist die Inzidenz der Erkrankung in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken, die Mortalitätsrate bewegt sich aber nach wie vor relativ konstant auf hohem Niveau. Der Grund für die hohe Letalität liegt vor allem darin, dass etwa 70 Prozent der Erkrankungen erst in späteren Stadien diagnostiziert werden und sich bereits im Becken oder sogar im gesamten Abdomen ausgebreitet haben. In diesen Stadien liegt die Fünf-Jahres-Überlebensrate unter 40 Prozent, im Stadium FIGO IV sogar unter zehn Prozent. Das mittlere Erkrankungsalter liegt in Deutschland bei 69 Jahren, allerdings können auch weitaus jüngere Frauen am Ovarialkarzinom erkranken. Das Lebenszeitrisiko für die Erkrankung liegt bei 1,5 Prozent.
Das epitheliale Ovarialkarzinom stellt den häufigsten malignen Ovarialtumor dar. Rund 60 Prozent aller Tumore und 90 Prozent aller malignen Tumore entwickeln sich aus den Epithelzellen der Ovarien. Neben hormonellen Risikofaktoren wie hohe Ovulationszahlen, wenige bzw. keine Schwangerschaften oder Endometriose sind etwa zehn Prozent der Karzinome genetisch bedingt. Häufigster heriditärer Risikofaktor sind Keimbahnmutationen im BRCA1- oder BRCA2-Gen. Das Risiko einer Erkrankung bei einer BRCA1-Mutation liegt bei 36 bis 46 Prozent, bei einer BRCA2-Mutation bei 10 bis 27 Prozent. Weitere Risikofaktoren sind Alter und Adipositas. Protektive Faktoren sind Multiparität, lange Stillperioden, Ovulationshemmer und Tubenligaturen.
Die Standardtherapie des Ovarialkarzinoms sieht in allen Stadien eine möglichst vollständige operative Entfernung des Tumorgewebes mit anschließender platinhaltiger systemischer Chemotherapie vor. Trotz einer initial guten Ansprechrate von 70 bis 80 Prozent kommt es bei vielen Patientinnen innerhalb von zwei Jahren allerdings zum Rezidiv, das häufig eine Resistenz gegen eine weitere platinhaltige Chemotherapie zeigt.
Prognostisch sind vor allem das Stadium bei Diagnose, der nach einer Operation verbliebene Tumorrest sowie der Zeitraum bis zum Auftreten eines Rezidivs von Bedeutung. Platinresistente Rezidive innerhalb von sechs Monaten oder weniger haben einen ungünstigen Einfluss auf die Prognose und führen in der Regel zu einer Palliativsituation, da die Resistenz aufgrund der Toxizität einer systemischen Chemotherapie nicht durch weitere Dosissteigerung durchbrochen werden kann. Wie die hier zusammengefasste Studie zeigt, stellt die isolierte abdominale Perfusions-Chemotherapie unter hypoxischen Bedingungen insbesondere im Hinblick auf die Erhaltung der Lebensqualität und Überlebenszeiten bei mehrfach mit einer Standardtherapie vorbehandelten Patientinnen eine Therapieoption dar. Zu diskutieren wäre hier eine anschließende Therapie mit PARP-Inhibitoren.